SAMSTAG, 23.04.22
24 Monate. Solange ist es jetzt her, dass der Hamburger Halbmarathon für uns nicht stattgefunden hat. Genau, wie für alle anderen auch abgesagt wegen Corona. Seither gab es schon wieder ein paar Volksläufe, jedoch hatten Christoph und ich uns fest auf den Nachholtermin in der schönsten Stadt Deutschlands konzentriert. Und morgen, fast exakt 2 Jahre verspätet, wird es endlich soweit sein, dass wir zusammen nach Luxemburg einen gemeinsamen Stadt(halb)marathon laufen dürfen.

So beginnt mein Bericht gerade jetzt, während der Einfahrt in den Bremer Hauptbahnhof, eine gute Stunde vor Erreichen unseres Zielortes. Für die Anfahrt nach Hamburg hatten wir uns damals schon für den Flixtrain entschieden. Die Tickets konnten wir, genau wie die Startertickets für den Lauf, einfach auf dieses Jahr übertragen. Der Zug ist gut gefüllt und in seiner Organisation ein wenig chaotisch anmutend, aber egal. Er bringt uns recht günstig ans Ziel.
Während Christoph auf der Fahrt alle Register der neuen Vernetztheit zieht, die Tickets per Smartwatch zeigt, sich dann ins Bord-WLAN einbucht, um Fast and Furios 9 auf seinem LapTabTop anzuschauen, gehe ich die Sache klassisch an und schalte mich bis Bremen auf Standby-Betrieb, um nun noch unsere Geschichte vom Haspa Halbmarathon 2022 zu beginnen.
Übrigens hat unser Blog Team-Heider.de genau so lange geruht, also nicht wie ich jetzt im Zug, sondern seit unserem letzten offiziellen Lauf.

29.000 registrierte Starter werden an diesem Wochenende den schönsten Sport der Welt feiern und in den Disziplinen Junior-Zehntel (4,2km), Staffel, Halb-und Vollmarathon antreten. Die Streckenführung könnte schöner kaum sein, da sie an den Topspots der Stadt entlang geplant wurde. Dom, Reeperbahn St. Pauli, Fischmarkt, Landungsbrücken, Elbphilharmonie, Hafencity, Speicherstadt, Innen- und Außenalster, an diversen Villen bekannter Mitmenschen vorbei.

Als wäre das nicht alles schon aufregend genug, spielt auch noch das Wetter mit und beschert uns an unserem freien Nachmittag heute Sonne und nochmals Sonne bei angenehmen 15 Grad.
Als Sahnehäubchen des ganzen treffen wir heute auch noch mein Patenkind Peggy, die im Laufe der Jahre mittlerweile zu einer sehr aparten Patenerwachsenen geworden ist.

Also Plan für heute nach dem Ankommen in ca. 40 Minuten: Hotel einchecken, Startnummern abholen und Quality-Time in der Perle Hamburg verbringen.
Gesagt, getan. Mit dem E-Scooter gleiten wir am Samstag durch die City, um die Formalitäten zu erledigen, ein wenig die Strecke anzuschauen und diverse Sehenswürdigkeiten abzugrasen. Nach einem anständigen Carbloading sind wir früh im Hotel um noch ausreichend zu relaxen.

Denn morgen ist der große Tag des Rennens.
SONNTAG, 24.04.22
Um 6 Uhr geht der Wecker, denn wir brauchen etwas mehr Zeit, um zu den Messehallen zu gelangen. Heute ist irgend so ein Sportevent, dass für Beeinträchtigungen im ÖPNV sorgt.

Die Organisation der Veranstaltung ist erstklassig, das haben wir schon gestern bei der Startnummernausgabe gemerkt.
Nach Abgabe des Packbeutels also zum Startblock Y. In der Pace-Vorgabe von 6min 30 fühlen sich scheinbar die meisten zu Hause, die so ähnliche Körpervoraussetzungen haben, wie wir zwei Eisenschweine.
Der Start geht ab wie eine Bombe, der Einpeitscher bölkt Stimmungsparolen und die Lautsprecher bollern wie im Oberbayern vor Corona. Mega, die ganze Meute grinst und hüpft bei traumhaften Sonnenschein.
Ab geht die Fahrt gleich am Dom vorbei und dann rechts ab auf die Reeperbahn. Zugegeben, hier war wahrscheinlich vor 5 Stunden mehr los, aber die Kulisse fetzt natürlich. In den Szenevierteln lassen einige Altpunker die Beine aus dem Fenster baumeln und feiern unsere Stippvisite mit Kaffee oder einem Frühschoppen-Bierchen aus dem Blechschwenker.
Nach einer 180 Grad Wende sind wir auf der Elbchaussee zum Fischmarkt Breite Straße und dann runter an die Elbe auf die St. Pauli Hafenstrasse zu den Landungsbrücken, der Elphi und zur Speicherstadt.

Gestern war hier alles brechend voll und voller Verkehr. Was machen die Hamburger zum Marathon: Sperren einfach die halbe Stadt ab für uns Laufburschen*innen. Das ist echt ein geniales Gefühl, wenn die Leute rechts und links die Teilnehmer des heimischen Volkslaufes feiern wie WM-Heimkehrer. Bands spielen alle Nase lang, Leute peitschen Dich mit Namen an (der steht schlauerweise gut lesbar unter der Startnummer) und Kinder haben Pappen mit Einhornenergie geladen und angemalt, damit du sie im Vorbeilaufen berühren und Kraft-Körner nachladen kannst. So tragen sie dich durch deine persönlichen Tiefs auf dieser zweistündigen Reise. Christoph und ich wollen uns in diesem Rennen nicht von der Seite weichen, die Prämisse diesmal heißt „schnellstmöglich aber gemeinsam“.
„Senf“ von Christoph:
„Für mich ist ein Wettkampf in dieser Zeit aktuell so eine kleine Wundertüte, da mein Knie und ich im Moment nicht die besten Freunde sind. Doch wie auch in Luxemburg zeigt sich, dass mentale Stärke beim laufen das A und O ist. Es gilt auch in Hamburg: Wir sind leicht wie eine Feder und stark wie ein Bizepseinhorn, bzw. BZPSNHRN, um hier auch mal unsere neuen Team-Heider-Shirts, welche bei diesem Wettkampf ihre Premiere feierten, zu zitieren.
Zu guter letzt möchte ich noch auf eine Bemerkung weiter oben eingehen: Die Register der „neuen“ Vernetzung müssen nicht immer positiv sein. Ich springe zeitlich mal kurz etwas vor, meine Smartwatch bescheinigt mir jetzt in den Tagen nach dem Lauf einen asymmetrischen Gang von bis zu 9%. Keine Ahnung was genau mir das sagen soll, klingt aber scheiße. Könnte mit den Muskelkatern zusammenhängen, ist aber nur eine Vermutung. Während des Laufes war diese Vernetzung aber sehr positiv, denn so konnte Peggy, die sich zusammen mit einer Freundin auch am Sonntag auf den Weg gemacht hat um uns zu unterstützen, immer genau sehen wo wir gerade sind um uns so auf der Strecke mehrfach anzufeuern. Für diesen Einsatz nutze ich auch diesen Weg mal um danke zu sagen! Und die Muskelkater sind es allemal wert!“
Aber genug von mir, zurück zum eigentlichen Beitrag:

Gegen Ende werden die Bemühungen der Veranstalter größer, sie packen die Trommler*innen und Cheerleader*innen aus. Damit potenziert sich der Genuss im Zieleinlauf in eine Verfassung zwischen körperlich verwrackt und geistig extasiert (Moment, gibt es die Konjugation? Ich google schnell …. Nein). Also geistig extatisch aufgeladen.
Und das ist genau der Punkt, wo du hin willst.
Danke dafür, Hamburg!!!

Christoph und ich laufen Arm in Arm durchs Ziel und werden beide mit 2:10:38 Stunden gestoppt, woran eigentlich nur wichtig ist, dass wir die exakt gleiche Zeit gelaufen sind.
Team Heider eben.

Beiläufig muss man wohl erwähnen, dass beide Marathonzeiten neue Bestzeiten waren, sowohl bei den Frauen durch Yalemzerf Yehualaw als auch bei den Männern durch Cybrian Kotut.

Der Lauf geht damit in die Geschichtsbücher ein… Für die Bizepseinhörner aus Team Heider sowieso.